Jubiläum – 20 Jahre

Frankfurter Positionen

2001, im Herbst. Die Aufregung bei den Initiatoren ist groß. Die Künstler Dirk Paschke und Daniel Milohnić wollen in der Goethestraße in Frankfurt einen ramponierten Geldtransporter auf den Kopf legen.

Diese Kunstaktion gegen Kapital und Konsum passte auf den ersten Blick nicht zu einer vornehmen Privatbank, auch wenn diese gerade die BHF BANK Stiftung gegründet hatte, die unter anderem die Förderung der zeitgenössischen Künste zum Zweck haben sollte. Die Gremien der Stiftung hatten sich zum Beginn des neuen Jahrtausends vorgenommen, Künstler/-innen Raum und Zeit zu geben, sich mit ihren Arbeiten zu gesellschaftlichen Veränderungen zu positionieren. Die Stifterin, heute ist es die ODDO BHF AG, wollte mit den Frankfurter Positionen bewusst einen kritischen Diskurs eröffnen, um neue Wege und neue Sichtweisen in den Konflikten und Fragestellungen, die die rasanten politischen und technischen Entwicklungen hervorriefen, aufzuspüren. Der auf den Kopf gestellte Geldtransporter in der teuersten Einkaufsstraße Frankfurts war für den Auftakt eine markante Position.

Zur Premiere der ersten Frankfurter Positionen am 30.09.2001 lasen im Bockenheimer Depot die beauftragten Autor/-innen aus ihren neuen Theaterstücken, zum Beispiel Gesine Danckwart aus „Meinnicht“ und Roland Schimmelpfennig aus „Vorher/Nachher“. Im öffentlichen Raum stießen die Passant/-innen an der Hauptwache oder im Ostpark auf Installationen, Skulpturen oder Performances von bildenden Künstler/-innen, die die Straßen und Parks zu ihrem Ausstellungsraum umfunktionierten. Es entstand ein völlig neues Format, ein interdisziplinäres Festival mit Theater, bildender Kunst und Musik, dessen weitere Besonderheit bis heute darin besteht, dass seine Realisierung auf einer Kooperation von etablierten Kulturinstitutionen und Fachjurys beruht. Das Überraschende war für alle Beteiligten die Erfahrung, dass eine solche Zusammenarbeit über die Kunstsparten hinweg, ein neues kreatives Potential und Publikum erschließt. Vorausschauend schrieb der Hessische Rundfunk damals, dass diese interdisziplinäre Herangehensweise eine neue und unbedingt erstrebenswerte Kooperationsbereitschaft in der Frankfurter Kultur hervorrufen werde.

Genauso kam es. Der Erfolg der ersten Frankfurter Positionen ermutigte die BHF BANK Stiftung, dieses „Festival der neuen Werke“ als Biennale weiter zu ermöglichen. So ist über die Jahre ein großes Netzwerk von Kulturpartnern entstanden, aus dem sich weitere Formate entwickelt haben wie zum Beispiel „Die Lange Nacht der Sozialforschung“ im MMK oder eigene Werkaufträge in der Tanz- und Performancekunst. Die Zusammenarbeit der Partnerinstitutionen beschränkt sich längst nicht mehr nur auf das Festival. Sie kooperieren regelmäßig in Produktionen und Ausstellungen, einige betreiben gemeinsam die Produktions- und Spielstätte Frankfurt LAB, und fast alle verfolgen sie den zukunftweisenden Plan, den Kulturcampus Frankfurt, ein Zentrum der zeitgenössischen Künste, Ausbildung und Wissenschaft zu bauen. Die Aufregung, die der Geldtransporter 2001 auslöste, war also Beginn einer neuen und produktiven Entwicklung in der Frankfurter Kultur.

20 Jahre später haben die BHF BANK Stiftung und ihre Kooperationspartner allen Anlass ihr Jubiläum mit den Künstler/-innen, den Referent/-innen und dem Publikum der Frankfurter Positionen zu feiern. Die Eröffnungspremiere findet am 01.02.2021 statt. Auf dem Programm steht die Uraufführung des neuen Werks des Nature Theater of Oklahoma aus New York. Ganz im Geist des Festivals haben sich dafür Schauspiel Frankfurt und Künstlerhaus Mousonturm zusammengetan – als Koproduzenten.


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FRANKFURTER POSITIONEN 2019


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